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Erinnerst du dich an Ophira?
Sie werden nicht sagen: Wir wollen keinen Frieden; der Preis für Frieden ist zu hoch. Im Gegenteil, viele werden erklären, dass sie für Frieden bereit seien, die besetzten Gebiete herzugeben, sogar Ost-Jerusalem. Und: lasst die Palästinenser ihren eigenen Staat haben. Sicher. Warum nicht. Aber sie werden hinzufügen: keine Chancen. Es wird keinen Frieden geben.
Uri Avnery
IN DER vergangenen Woche machte ich eine nostalgische Erfahrung. Ich traf eine parlamentarische Delegation eines europäischen Landes. Was dieses Treffen zu einem besonderen Erlebnis für mich machte, war der Ort, an dem dies stattfand.
Der „Pascha-Saal“ im „American Colony-Hotel“ in Ost-Jerusalem ist eine wunderschöne quadratische Halle im traditionellen arabischen Stil. Ich war hier, als Yitzhak Rabin bei der Unterzeichnungszeremonie auf dem Rasen des Weißen Hauses Yassir Arafat die Hand reichte.
Wir, israelische Friedensaktivisten und Fatahführer, waren spontan dorthin gekommen, um dieses Ereignis gemeinsam zu feiern. Wir beobachteten am Fernseher die Veranstaltung und öffneten Champagnerflaschen. Einen der Korken habe ich aufgehoben.
Nur eine Stunde vorher wurde ich Zeuge eines nicht weniger aufregenden Zusammentreffens. Eine Gruppe junger Palästinenser, ausgelassen vor Freude, kamen die Straße entlang, hatten Olivenzweige in ihren Händen, und über ihren Köpfen wehte eine große palästinensische Fahne. An der Straßenecke wartete eine Einheit der Grenzpolizei – die aggressivste anti-arabische Streitkraft Israels. Zu jener Zeit war schon allein der Besitz einer palästinensischen Flagge ein Verbrechen.
Einen Moment lang hielten wir den Atem an. Was wird nun geschehen? Die Palästinenser rannten auf die Polizisten zu und drückten ihnen Olivenzweige in die Hände. Die Polizisten wussten nicht, was sie tun sollten. Sie waren offensichtlich in einem Zustand völliger Orientierungslosigkeit und reagierten gar nicht. Die begeisterten Jugendlichen gingen auf ihrem Weg durch Ost-Jerusalem fröhlich singend weiter.
Heute – fast 16 Jahre später – kann man nur mit Sehnsucht an die Friedensbegeisterung zurückdenken, die uns damals alle beherrschte. Nichts von dieser Begeisterung, jener Hoffnung, jenem Wunsch nach Versöhnung ist geblieben.
All dies ist nun durch eine vergiftete Mischung von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung ersetzt worden.
WENN MAN heute aufs Geratewohl zehn Passanten in einer Tel Aviver Straße anhalten und sie fragen würde, was sie über Chancen für einen Frieden denken, dann würden neun von ihnen mit der Schulter zucken und antworten: da geschieht nichts. Keine Chancen. Der Konflikt wird auf immer so weitergehen.
Sie werden nicht sagen: Wir wollen keinen Frieden; der Preis für Frieden ist zu hoch. Im Gegenteil, viele werden erklären, dass sie für Frieden bereit seien, die besetzten Gebiete herzugeben, sogar Ost-Jerusalem. Und: lasst die Palästinenser ihren eigenen Staat haben. Sicher. Warum nicht. Aber sie werden hinzufügen: keine Chancen. Es wird keinen Frieden geben.
Einige werden sagen: die Araber wollen ihn nicht. Andere werden sagen: unsere Führer sind unfähig, dies zu tun. Die Schlussfolgerung aber ist dieselbe: es wird nichts geschehen.
Eine ähnliche Befragung der Palästinenser wird wahrscheinlich zur selben Schlussfolgerung kommen: Wir wollen Frieden. Frieden wäre wunderbar. Aber es sieht nicht danach aus. Es wird nichts geschehen.
Diese Stimmung hat auf beiden Seiten dieselbe politische Situation erzeugt. Bei den palästinensischen Wahlen gewannen die Hamas nicht wegen ihrer Ideologie, sondern weil sie die Hoffnungslosigkeit in Bezug auf Frieden mit Israel ausdrückt. Bei den israelischen Wahlen gab es einen allgemeinen Rechtsruck. Die Linken wählten Kadima, Kadimaleute wählten Likud, Likudleute stimmten für faschistische Fraktionen.
Ohne Hoffnung gibt es keine Linke. Die Linke ist von Natur aus optimistisch. Sie glaubt an eine bessere Zukunft, an eine Chance, dass sich alles zum Besseren wendet. Die Rechte ist von Natur aus pessimistisch. Sie glaubt nicht an die Möglichkeit, dass sich die menschliche Natur und Gesellschaft zum Besseren hin verändert. Sie ist davon überzeugt, dass Krieg ein Naturgesetz ist.
Aber unter denen, die fast verzweifeln, sind immer noch jene, die hoffen, dass eine ausländische Intervention – Amerikaner, Europäer, sogar Araber – uns Frieden bringen könnte.
In der vergangenen Woche ist auch diese Hoffnung schwer erschüttert worden.
IM FERNSEHEN wurde uns eine einzigartige, eindrucksvolle Konferenz gezeigt, eine riesige Versammlung von Regierenden aus aller Welt, die alle nach Sharm-el-Sheikh kamen.
(Man erinnere sich daran, dass der Sinai während unserer Besatzung Ophira genannt wurde; Moshe Dayan sagte, dass er lieber Sharm-el-Sheikh ohne Frieden haben wolle, als Frieden ohne Sharm-el-Sheikh).
Wer war da? Chinesen und Japaner begegneten Saudis und Kataris. Nicholas Sarkozy war überall. (Tatsächlich ist es fast unmöglich, ein Foto ohne den hyperaktiven französischen Präsidenten aufzunehmen – irgendwo erscheint er immer). Hillary Clinton war der Star. Hosny Mubarak feierte seinen Erfolg, alle zusammen auf ägyptischem Boden versammelt zu haben.
Und wozu dies alles? Für den kleinen, armen Gazastreifen. Er muss wieder aufgebaut werden.
Es war eine Feier frömmelnder Heuchelei nach bester Tradition internationaler Diplomaten.
Zunächst einmal: vom Gazastreifen war niemand da. Wie in der Blütezeit der europäischen Kolonialzeit vor 150 Jahren wurde über das Schicksal der Eingeborenen ohne die Eingeborenen entschieden. Wer braucht sie? Es sind doch nur Primitive. Also besser ohne sie.
Nicht nur die Hamas war nicht da. Eine Delegation von Geschäftsleuten und der zivilen Gesellschaft konnte auch nicht kommen. Die Ägypter erlaubten ihnen nicht, den Rafah-Kontrollpunkt zu passieren. Das Tor zum Gefängnis, das Gazastreifen heißt, wurde von den ägyptischen Gefängniswärtern verschlossen gehalten.
Die Abwesenheit von Abgeordneten aus dem Gazastreifen und besonders der Hamas machte die Konferenz zur Farce. Die Hamas beherrscht den Gazastreifen. Sie hat dort und in den palästinensischen Gebieten die Wahlen gewonnen und herrscht dort weiter, selbst nachdem eine der mächtigsten Armeen der Welt 22 Tage lang den Versuch gemacht hatte, sie zu beseitigen. Nichts wird im Gazastreifen ohne die Zustimmung der Hamas geschehen. Die weltweite Entscheidung, den Gazastreifen ohne die Teilnahme der Hamas aufzubauen, ist einfach töricht.
Der Krieg endete mit einer fragilen Feuerpause, die jetzt vor unsern Augen zusammenbricht. Bei seiner Eröffnungsrede der Konferenz wies Mubarak darauf hin, dass es Ehud Olmert ist, der jetzt die Waffenpause verhindert (Tadiyah – Beruhigung - im Arabischen). Keiner reagierte darauf. Aber wenn es keine Feuerpause gibt, winkt ein noch zerstörerischer Krieg. Es ist nur eine Frage der Zeit – von Monaten, Wochen vielleicht gar nur von Tagen. Was bis jetzt nicht zerstört wurde, wird dann zerstört werden. Was hat es also für einen Sinn, Milliarden in den Wiederaufbau von Schulen, Krankenhäusern, Regierungsgebäuden und gewöhnlichen Wohngebäuden zu stecken, wenn alles wieder zerstört wird?
Mubarak sprach vom Austausch von Gefangenen. Sarkozy sprach mit viel Pathos über den Soldaten „Jilad Shalit“, einen französischen Staatsbürger, den alle Franzosen befreit sehen wollen. Interessant. 11000 palästinensische Gefangene sind in Israels Gefängnissen. Wie viele von ihnen haben auch die französische Staatsbürgerschaft? Davon sprach Sarkozy nicht.
Es interessierte ihn nicht. Selbst in diesem Haufen von Heuchlern kämpfte er um die Meisterschaft.
Die Teilnehmer der Konferenz versprachen Mahmoud Abbas märchenhafte Summen. Fast fünf Milliarden Dollars. Wie viel wird tatsächlich bezahlt werden? Wie viel davon wird tatsächlich durch das Sieb des hochfliegenden Apparates in Ramallah fließen und den Gazastreifen erreichen? Nach Einschätzung einer Frau aus Gaza, die im Fernsehen auftauchte, einer obdachlosen Mutter, die in einem kleinen Zelt mitten auf einem Trümmerberg lebt: nicht ein Cent.
War der politische Teil der Veranstaltung ernsthafter? Hillary sprach über die „Zwei Staaten für zwei Völker“. Andere sprachen über „den politischen Prozess“ und über „Friedensverhandlungen“. Und alle, alle wussten, dass dies nichts als leere Worte sind.
IN SEINEM berühmten Gedicht „Wenn“ („If“) fragte Rudyard Kipling, ob „man die Wahrheit ertragen kann, die man selbst ausgesprochen hat und die nun Schurken verdrehen, um eine Falle für Toren zu machen“. Dies ist nun ein Test für all jene, die vor etwa 60 Jahren an der Wiege der „Zwei-Staaten“-Idee standen.
Diese Vision war – und bleibt - die einzig lebensfähige Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes. Die einzig reale Alternative ist die Fortsetzung der gegenwärtigen Situation: Besatzung, Unterdrückung, Apartheid, Krieg. Aber die Feinde dieser Vision haben sich in Schale geworfen und behaupten, diese Vision bei jeder Gelegenheit zu unterstützen.
Avigdor Liberman begünstigt „Zwei Staaten“. Absolut. Er spricht es aus: mehrere palästinensische Enklaven, jede von israelischem Militär und Siedlern – wie er selbst einer ist - umgeben. Diese Bantustans werden dann „ein palästinensischer Staat“ genannt. In der Tat eine ideale Lösung: der Staat Israel wird von Arabern gesäubert, aber er wird weiter über die Westbank und den Gazastreifen herrschen.
Binyamin Netanyahu hat eine ähnliche Vision, bezeichnet es aber anders: die Araber werden „sich selbst regieren.“ Sie werden ihre Städte und Dörfer regieren, aber nicht das Land, weder die Westbank noch den Gazastreifen. Sie werden natürlich keine Armee haben und keine Kontrolle über den Luftraum über ihren Köpfen und keinen direkten Kontakt mit den benachbarten Ländern. Menahem Begin pflegte dies „Autonomie“ zu nennen.
Aber es wird „wirtschaftlichen Frieden“ geben. Die palästinensische Wirtschaft wird blühen. Sogar Hillary Clinton machte diese Idee offen lächerlich, bevor sie sich mit Netanyahu traf.
Zipi Livni wünscht „Zwei Nationalstaaten“. Ja, Ma’m. Wann? Nun … Zunächst muss es Verhandlungen geben mit unbegrenzter Zeitdauer. Sie waren während all der Jahre, in denen sie sie führte, bis jetzt zu keinem Ergebnis gekommen, sie haben überhaupt nichts gebracht. Ehud Olmert spricht über den „politischen Prozess“ - warum brachte er ihn nicht zu einem erfolgreichen Ende während all der Jahre unter seiner Führung? Wie lange muss der „Prozess“ denn noch weitergehen? Fünf, fünfzig, fünfhundert Jahre?
Und so spricht Hillary über „zwei Staaten“. Sie spricht mit Eifer. Sie ist bereit, mit jeder israelischen Regierung darüber zu sprechen, die jetzt aufgestellt wird, selbst wenn sie von den Ideen eines Meir Kahane angeregt wird. Die Hauptsache ist, dass sie mit Mahmoud Abbas reden und dass Abbas viel, viel Geld erhält.
EINE EXTREM rechtsorientierte Regierung wird gerade aufgestellt. Kadima hat sich ihr - lobenswerterweise – nicht angeschlossen. Auf der andern Seite sucht Ehud Barak, der Vater von „Wir haben keinen Partner für Frieden“ verzweifelt, ein Teil der Regierung zu werden.
Und warum nicht? Er würde nicht der erste politische Prostituierte in seiner Partei sein.
1977 verließ Moshe Dayan die Arbeiterpartei, um als Außenminister und Feigenblatt für Menachem Begin zu dienen, der gewaltsam die Errichtung eines palästinensischen Staates verhinderte. 2001 führte Shimon Peres die Arbeiterpartei in die Regierung von Ariel Sharon um als Außenminister und als Feigenblatt dem Mann zu dienen, der nach dem Massaker von Sabra und Shatila alle Welt erschaudern ließ. Warum sollte also Ehud Barak nicht ein Feigenblatt für eine Regierung werden, die unverhohlen Faschisten einschließt?
Wer weiß, vielleicht wird er uns bei der nächsten Konferenz in Ophira – pardon - Sharm-el-Sheikh vertreten, bei derjenigen, die nach dem nächsten Krieg einberufen wird, der den Gazastreifen völlig ruinieren wird. Schließlich wird dann eine Menge Geld nötig sein, um ihn wieder aufzubauen.
(Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs, vom Verfasser autorisiert)
Gush Shalom
Zipi Livni wünscht sich der Opposition anzuschließen
Und das Friedenslager anzuführen.
Vorläufig ist sie Teil der Regierung
Die die Freilassung Gilad Shalits
Mit einem Gefangenenaustausch verhindert
Und die Feuerpause blockiert
Die auch die Qassams verhindern würde.
Aber die Aufgabe der „Führer des Friedenslager“
Beginnt nicht erst morgen --- sondern sofort!
Inserat von Gush Shalom in Haaretz vom 6.3.09
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